Forschung
SFB 1472 „Transformationen des Populären“
Forschungsstelle Queery/ing Popular Culture
Projekte
Abgeschlossene Projekte
Das Verhältnis von Musik und Tanz im Heavy Metal / The Relation of Music and Dance in Heavy Metal (DFG-Projekt 454261397)
Entwicklung eines Analysemodells zur situierenden Beschreibung ästhetisch-performativer Praktiken auf der Grundlage qualitativ-empirischer Erhebungen aus historischer und gegenwartsorientierter Perspektive
(English Version see below)
Wie die meisten Teilkulturen der populären Musik zeichnet
sich der Heavy Metal durch konventionalisierte,
musikbezogene Bewegungsformen aus, die sich mit einem
weiten Begriff als Tanzpraktiken beschreiben lassen: von
‚Headbanging‘ und ‚Moshing‘ bis zu folkloristischen
Kreistänzen u.v.m. Wie sich Musik und Tanz als
ästhetisch-performative Praktiken konkret aufeinander
beziehen, hat in der Forschung jedoch erst ansatzweise
Beachtung gefunden: Sowohl in Bezug auf die Vielfalt der
Erscheinungsformen, als auch auf die Geschichtlichkeit des
Metal-Tanzes, als auch auf dessen Verhältnis zum
Klanggeschehen und weiteren performativen Aspekten (z.B.
Räumlichkeit) fehlt eine systematische Untersuchung. Daran
ansetzend wollen wir ein musikwissenschaftlich fundiertes,
zugleich interdisziplinär anschlussfähiges Analysemodell
entwickeln, das es ermöglicht, körperliche Bewegungsformen
in ihrer Komplexität und Ko-Konstitution mit dem
Klanggeschehen und weiteren performativen Elementen zu
verstehen. Basis dieses Modells sind qualitativ-empirische
Erhebungen und ästhetische Analysen performativer
Praktiken, bezogen auf das heterogene Feld des Heavy Metal
insgesamt. Ziel ist eine Neukonzeptualisierung von Heavy
Metal-Tanz, die a) der Vielfalt seiner Erscheinungsformen
Rechnung trägt und b) die Bezüge zwischen Bewegungsformen
innerhalb des Heavy Metal und im Austausch mit anderen
Genres berücksichtigt. Diese Konzeption schließt
ausdrücklich die Geschichtlichkeit des Tanzes ein, die
exemplarisch in Bezug auf den deutschsprachigen Raum seit
den 1980er Jahren bis heute erforscht wird. Die historische
Dimensionierung fragt nach den Dynamiken der Etablierung,
Verbreitung und Transformation von Bewegungsformen in der
Heavy Metal-Szene in Wechselwirkung mit der
Ausdifferenzierung der Metal-Subgenres, stilistischen
Entwicklungen sowie mit dem Wandel von Medientechnologien
und Szene-Diskursen. Dabei schließt die Fokussierung auf
den deutschsprachigen Raum die Berücksichtigung des
transkulturellen Austauschs insbesondere mit dem
anglo-amerikanischen Bereich nicht aus.
Um Heavy Metal-Tanz wie beschrieben untersuchen zu können,
stützt sich unser Vorhaben auf drei verschiedene
Quellengruppen: (1) (teilnehmende) Beobachtungen, ergänzt
um audiovisuelle Aufzeichnungen, (2) Tanzrepräsentationen
in auditiver, audiovisueller und diskursiver Form und (3)
Forschungsgespräche (Leitfaden- und
Oral-History-Interviews).
Unsere Methodik kombiniert Analysen
ästhetisch-performativer Phänomene mit einer modifizierten
Situationsanalyse (SI). Wir verstehen Tanz als Praxis, die
in spezifischen Situationen hervorgebracht wird und die
entsprechend situiert untersucht werden muss. Hierfür
eignet sich eine flexible Anwendung der SI in Kombination
mit geistes- und kulturwissenschaftlichen Ansätzen der
Musik- und Performance-Analyse, Methoden der Analyse von
Rock- bzw. Metal-Musik sowie Ansätzen der
Interpretation von Musik in Kombination mit anderen
Medien.
Project Summary
Developing a Method of Analysis for the Situating Description of Aesthetic-Performative Practices on the Basis of Qualitative-Empirical Investigations from Historical and Contemporary Perspectives.
As most popular music cultures, heavy metal is
characterized by conventionalized, music-related forms of
bodily movement that can be described as dance practices:
comprising, for example, headbanging moshing, folkloristic
dances and much more. Yet, how music and dance relate to
each other as aesthetic-performative practices has only
received rudimentary attention in academia: Neither are
there systematic investigations regarding the
historicity and diversity of metal dance forms, nor
concerning the dance’s relation to sound and other
performative aspects (e.g. spatiality). In attending to
this research gap, we want to develop a musicologically
grounded yet interdisciplinarily applicable method of
analysis that enables an understanding of bodily
movements in their complexity and co-constitution with
sounds as well as further performative elements. The model
is based on qualitative empirical data and aesthetic
analyses of performative practices regarding the
heterogeneous field of heavy metal as a whole. Thus, we aim
for a re-conceptualization of dance in heavy metal which a)
accounts for its variety and which b) is sensitive to
connections between movements within heavy metal as well as
between heavy metal’s movement repertoire and those of
other musical genres. This conceptualization explicitly
includes the dance’s history which we will study
exemplarily with regard to its development in
German-speaking areas since the 1980s. Unfolding the
historic dimensions of the dance includes investigating the
dynamics of establishment, dissemination and transformation
of movement in reciprocal relation to the differentiation
of metal sub-genres and stylistic developments as well as
to changes in media technologies and scene discourses.
Within this string of investigation, the focus on
German-speaking regions does not preclude us from paying
attention to processes of transcultural exchange,
especially with Anglo-American regions.
In order to study heavy metal dance as described above our
project consults three different sets of sources: (1)
participant observation complemented by audiovisual
recordings, (2) representations of the dance in auditory,
audiovisual and discursive form, and (3) research
interviews (guideline-based and oral history interviews).
Our methodology combines analyses of aesthetic-performative
phenomena with a modified situational analysis (SA). We
conceive of dance as practice that is performed in specific
situations and which demands an accordingly situated and
situating analysis. An appropriate and promising means to
this end is a flexible application of SA in combination
with approaches to music and performance analysis from the
humanities and cultural studies, methods for the analysis
of rock and metal music as well as approaches to the
interpretation of music in combination with other
media.
Team
Florian Heesch
Daniel Suer
Franziska Kaufmann
Kooperationspartner*innen / cooperation partners
Yvonne Hardt
Katharina Rost
Bible Belts im geteilten Deutschland. Die Rolle von Wissenstransfers im Milieu religiöser Jugendkulturen (01/2016-06/2018)
Das zweitmittelfinanzierte Vorhaben umfasst Vorarbeiten für die Erstellung eines Drittmittelantrags unter Beteiligung der Fächer Evangelische Theologie, Geschichte und Musikwissenschaft einschließlich der Erstellung einer Pilotstudie. Im Fokus des Projekts stehen religiöse Jugendkulturen der 1960er bis 1980er Jahre in Ost- und Westdeutschland, die ein spezifisches, in den je eigenen Kontexten nonkonformes Frömmigkeitsprofil auch über die deutsch-deutsche Grenze hinweg verband. Die Brisanz dieses Wissenstransfers lag in seinen zunehmend politischen Implikationen, die sich insbesondere auch in einer spezifischen religiösen Popmusikszene spiegelten.
Projektleitung
- Prof. Dr. Veronika Albrecht-Birkner,Kirchen- u.Theologiegeschichte
- Prof. Dr. Raphaela Averkor,Mittlere und Neuere Geschichte
- Prof. Dr. Florian Heesch,Populäre Musik und Gender Studies
Pop-Musik-Lernen (12/2016–11/2018)
Wie Jugendliche in Szenen, Einrichtungen und Biographien populäre Musik lernen:
Transferwirkungen kultureller Bildung zwischen kollektiven Jugendszenen, individuellen Jugendbiographien und institutionellen Arrangements in Schule, Musikschule und Jugendarbeit
(Learning popular music in youth scenes, institutions and biographies:
Transfer effects of cultural education between collective youth scenes, individual youth biographies and institutionalized processes in schools, music schools and youth work)
Die Fragestellung des interdisziplinären Forschungsvorhabens (aus Musik- und Erziehungswissenschaft) zielt auf die Transferwirkungen kultureller Bildung zwischen differenten Lernorten innerhalb der jugendlichen Lebenswelt: privates Umfeld und Szene sowie Schule, Musikschule und Jugendarbeit. Das Gesamtziel ist die Exploration der mentalen Verbindungen, welche Jugendliche zwischen formellen bis informellen Lernprozessen erleben und verbalisieren. Dafür wollen wir den jugendlichen Akteuren zu ihren unterschiedlichen Lernorten folgen, sie dort beobachten und interviewen: im Hinblick auf die Eigenheiten und Bedeutungen der Lernorte sowie vor allem im Hinblick auf die Verbindungen, die sie zwischen diesen Lernorten bzw. -prozessen sehen und selbstständig herstellen. Unser methodischer Zugang der Biographieforschung erlaubt eine Gesamtschau differenter Lernprozesse. Schließlich soll kritisch hinterfragt werden, inwiefern die individuellen Lernerfahrungen in non-formalen Kontexten durch pädagogische Institutionen zur Kompetenzerweiterung und Leistungssteigerung instrumentalisiert werden und somit ihre genuine Zweckfreiheit tendenziell einem Zwang zur Selbstoptimierung Platz macht.
Projektleitung
- Prof. Dr. Florian Heesch, Populäre Musik und Genderstudies (Preojektkoordination)
- Prof. Dr. Thomas Coelen, Sozialisation, Jugendbildung, Lebenslaufforschung
- Prof.'in Dr. Gabriele Weiß, Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Allgemeine Pädagogik, Prorektorin für Bildungswege und Diversity
Außerschulische Lernorte für populäre Musik (08/2016-12/2017)
Das Projekt ist Teil der Teil der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Sachunterricht (IAG-SU) "Den Sachunterricht vernetzen - Perspektiven öffnen" an der Universität Siegen.